Gleich beginnt ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag im Call Center einer seriösen Firma, die eine kostenfreie Verkaufs-Hotline eingerichtet hat, an die sich die Kundschaft auch mit allen Problemen rund um die Produkte wenden kann. Eines der Telefone bediene ich als Call Center-Agentin:
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, mein Name ist Rosi Randale, was kann ich für Sie tun?“
„Ha ha, Rosi Randale, wollen Sie mich veräppeln?“
Kann man jemandem am Telefon an die Gurgel gehen? Ich kann. Gleich.
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, mein Name ist Rosi Randale, was kann ich für Sie tun?“
„Hallo Rosi, ich kenne nur die Rosi aus dem Sperrbezirk, ihre Nummer ist 32168. Habe schon hundertmal da angerufen, aber die hebt nie ab.“
Wie viele Jahre muss ich mir das noch anhören? Nach der innerlichen Kündigung sollte ich bald Taten folgen lassen. Am besten gleich.
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, mein Name ist Rosi Randale, was kann ich für Sie tun?“
„Bei euch kann man ja umsonst anrufen. Kannst Du mal die oberen Knöpfe Deiner Bluse öffnen?“
Ich lege gleich auf.
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, mein Name ist Rosi Randale, was kann ich für Sie tun?“
„Ich bin im Auto unterwegs. Vor mir zuckelt ein Bus her. Quer über dem Fenster und darunter steht ganz groß Werbung. 0800xx0x000. Ruf‘ mich an. Das mache ich jetzt. Ist sowieso total langweilig hinter einem Bus herzufahren. Stinken tut es auch. Ich hab‘ ein Caprio, musst Du wissen. Kannst Du meine Musik hören? Hab‘ extra ein bisschen mehr aufgedreht.“
Seit wann duzen wir uns? Was interessiert mich dem seine Mucke. Ich will hier raus. Am besten gleich.
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, mein Name ist Rosi Randale, was kann ich für Sie tun?“
„Hallo? Ist da jemand dran? Ich habe meinen Einkaufszettel verlegt und wühle mich gerade durch die Zettel, die da im Flur auf dem Schränkchen neben dem Telefon liegen. Sie wissen schon, in dem Korb, in den man alles hinein schmeißt, das man bestimmt noch mal gebrauchen kann oder das man eben nicht wegwerfen will, weil man es bestimmt noch einmal gebrauchen kann. Habe einen Zettel mit Werbung und Ihrer Nummer gefunden. Dachte, da rufe ich mal an. Haben Sie auch so ein Körbchen neben dem Telefon auf dem Schränkchen im Flur stehen? Bei mir ist der Flur ganz mickrig, gerade mal Platz für eben dieses Schränkchen und eine Hängegarderobe. Die hat mein Fritz viel zu weit oben angebracht, dass ich kaum einen Kleiderbügel abnehmen kann, um meinen Mantel aufzuhängen. Es ist schon empfindlich kalt, wenn ich morgens mit dem Waldi raus muss. Sie wissen schon, Waldi ist mein Dackel. Der ist ein Lieber, aber raus muss er eben, auch wenn es empfindlich kalt ist. Kann den ja nicht in die Wohnung machen lassen…“
Ein Königreich für eine Zigarette. Ich lasse die Oma, übrigens Ilse Herold, die mindestens zweimal die Woche anruft, einfach in der Leitung und gehe in den Raucherraum. Ist direkt gegenüber. Bin gleich wieder da, Oma Ilse.
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, mein Name ist Rosi Randale, was kann ich für Sie tun?“
„Hallo Rosi, welchen Schlüpfer trägst Du heute? Kannst Du den an der richtigen Stelle mal ein bisschen für mich zur Seite schieben? Mir ist schon ganz heiß…“
Gleich wird Dir noch heißer und hoffentlich explodierst Du, Du Depp, wenn ich meine Hasskanonade mit Schimpfwörtern über Dir abfeuere. ‚Sie Depp‘ sagt man ja wohl eher nicht.
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, mein Name ist Rosi Randale, was kann ich für Sie tun?“
„Rosi, wann hast Du eigentlich Feierabend? Ich warte unten auf dem Parkplatz auf Dich, es ist gleich 18:00 Uhr…“
Oh Gott, noch so ein Irrer. Der Pförtner muss mich zum Auto bringen, sonst mache ich mir gleich ins Hemd. Meine Nerven liegen blank. Heute ist es wieder extrem zum Fürchten. Habe noch nichts verkauft, dann steigt mir der Chef aufs Dach, außerdem gibt es keine Provision am Monatsende. Trotzdem gönne ich mir jetzt gleich ein Späßchen. Habe ich mir verdient.
„Herzlich willkommen bei der Firma xxx, ich bin der Kaiser von China, was kann ich für Sie tun?“
„Äh, wie bitte? Das ist ein Testanruf, hier spricht Ihr Abteilungsleiter Gustav Semmel. Kommen Sie bitte gleich in mein Büro!“
Gleich ist das fünfte Wort in seinem *.txt-Projekt von HIER. Die Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder nicht mehr lebenden Personen und etwaigen Begebenheiten sind rein zufällig und nicht gewollt.
Hihi, super! 🙂 Ich glaube mit dem Namen Rosi Randale und einem Job im Call-Center hat man auch kein leichtes Leben. Habe mich köstlich amüsiert.
LG
Hanna
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Wer will schon Rosi Randale heißen? Wird nur noch von Rosa Schlüpfer und Hans Wurst getoppt. 🙂
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Axel Schweiß kommt auch gut
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Klingt so voll aus dem Leben gegriffen 🙂 Bei Rosi wollte ich heute auch noch anrufen… Wo ist noch mal die Nummer? Ah ja, in diesem Körbchen ;-))
Herzlich
Katharina
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32168 oder
0800xx0x000 ? 🙂
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Auf 32168 erreicht man doch niemand. Da herrscht doch ‚Konjunktur die ganze Nacht‘. Dauernd besetzt.
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