Nach 8 Wochen Klinikaufenthalt bin ich seit letzten Freitag wieder zu Hause. Während der vergangenen Wochen habe ich an mir und meiner Gesundheit gearbeitet und eine Menge über mich gelernt. Schreiben steht nach wie vor hoch im Kurs! Außerdem habe ich oft im Café gesessen und geschrieben. Dort war es gemütlich, nie überfüllt oder laut und es gab sehr guten Latte Macchiato. Geschrieben habe ich kleine Mehrzeiler, Tagebuch und Kürzestgeschichten.
Bei einem stationären Klinikaufenthalt gibt es kaum Gelegenheit, mal alleine zu sein. Das fängt schon beim 2-Bettzimmer an. Ich hatte es in dieser Hinsicht fast gut, manche Nächte verbrachte ich alleine, es gab aber auch 3-Bettzimmer. Vom Aufenthaltsraum für 30 Patienten mit TV und der sich daraus ergebenden Geräuchkulisse brauche ich gar nicht zu reden. 🙂
Damit ich im Alltag wieder eine Routine bekomme, habe ich mir ein kleines kostenfreies Schreibtraining für 30 Tage im Netz ausgesucht.
Tag 1 der Schreibübung beschäftigte sich mit der Frage, warum und was ich schreiben will. Am Tag 2 sollten konkrete Ziele formuliert werden. Ich habe meine für das restliche Jahr 2017 aufgeschrieben.
Am Tag 3 gab es drei Anfangssätze, die in einer 5 Minutenübung weiter geführt werden sollten. Vorher Kurzzeitwecker stellen, hinterher Wörter zählen.
Die ersten Sätze: Es war ein ganz normaler Morgen. Ich hatte gut geschlafen. Doch irgendetwas war anders als sonst.
Mein Ergebnis (272 Wörter, plus 1, das ich nachträglich eingefügt habe):
So ganz normal war der Morgen wohl nicht, denn mein Wecker klingelte zwar, aber in meinem Zimmer war es stockfinster. Dabei besaß ich keine Rollläden und auch keine Gardinen, die ich gestern Abend, als ich ins Bett gegangen bin, hätte schließen bzw. zuziehen können. Mein Wecker war so eingestellt, dass er jeden Morgen pünktlich um 7 Uhr klingelte. Es war Sommer, somit sollte ich erwarten können, dass es in meinem Zimmer, das immerhin im 12. Stock liegt, hell sein dürfte. Ich hatte aber die Bettdecke bis zum Kinn nach oben gezogen, was nicht dafür sprach, dass es sommerlich warm war. Im Sommer schlief ich ohne Nachthemd und die Bettdecke lag morgens meist neben dem Bett. Auf dem Boden machte es sich die Katze darin bequem. Im Sommer verzieh ich ihr das. Im Winter fochten wir regelmäßige Kämpfe aus, wer zuerst unter die Decke schlüpfen durfte. Ich verlor oft, hatte Kratzer an allen möglichen Körperstellen und die Katze verkroch sich schnurrend, als ob nichts geschehen wäre, unter der Decke. Mich ließ sie erst dazu kommen, wenn ich sie ausgiebig gekrault hatte. Je länger ich unter der Decke lag, desto näher kuschelte sie sich dann an meinen mittlerweile warm gewordenen Körper. Warum war es nicht hell an diesem Morgen? Zuerst steckte ich einen Fuß unter der Bettdecke hervor, um die Temperatur zu prüfen. Warm oder kalt? Ich merkte nichts. Wenn man im Dunkeln nichts sah, merkte man wohl auch nichts, so meine Überlegungen. Ein Kaffee musste her, um meine Gedanken auf Touren zu bringen. Welcher Wochentag war heute? Ich überlegte weiter, ob ich ins Büro musste. Meine Kollegen wären nicht begeistert, wenn ich blau machte.
Der Einladung zum Schreiben ist auch Hanna Mandrello gefolgt. Ihr Ergebnis (210 Wörter):
Ich blickte mich blinzelnd im Zimmer um. Es sah aus wie immer. Durch den Vorhang am Fenster schien durch einen schmalen Spalt die Morgensonne und zeigte mir, dass ich mal wieder Staub wischen musste. Doch dann fiel es mir auf. Es war ruhig, gespenstig ruhig. Ich wohnte an einer Hauptverkehrsstraße und morgens weckte mich normalerweise der Verkehr. Doch heute hörte ich nichts außer Vogelzwitschern. Kein Auto, keine Stimmen, kein Hupen. Seltsam, dachte ich. Vielleicht hatte man die Straße gesperrt. Ich stand auf und warf mir einen Morgenmantel über. Barfuß ging ich zum Fenster und öffnete mit einem Ruck den Vorhang. Die Straße lag mit ihren 4 Spuren direkt vor mir, aber sie war leer. Ich betrachtete die Häuserfassaden gegenüber. Die Geschäfte waren geschlossen und es rührte sich nichts, keine Gardine bewegte sich, kein Mensch ging auf dem sonst so belebten Gehsteig. War war da los?
Ich schlüpfte in die Pantoffeln. Die Zeitung steckte sowieso im Briefkasten, ich musste sie holen. Ich öffnete die Haustür, ging die drei Stufen in den Garten hinab und zum Briefkasten, der am Zaun angebracht war. Dabei sah ich mich um. Es war geradeso, als hätten alle die Straße verlassen.
Plötzlich sah ich etwas auf der Straße. Es war eine grüne Pfütze auf dem zweiten Autostreifen.
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