Mindestens Drölfundneunzig Anläufe genommen und alle verworfen. Jetzt habe ich mich aber ernsthaft dran begeben und habe es zu einem Abschluss gebracht. Dann habe ich die Geschichte „zum Lesen gegeben“ und ein paar Hinweise bekommen. Ich werde überarbeiten. Geschrieben war meist schnell, Ideen gab es auch, schwieriger fand ich die Planung.
RO 07: Die Planung einer Kurzgeschichte; Konflikt; Thema; Plot; Prämisse und ein Modell nach der Aktstruktur-Tabelle.
RO 08: Die Kurzgeschichte selbst, also schreiben.
8.000 Zeichen standen zur Verfügung. Ich weiß jetzt nicht, ob die nur für die eigentliche Kurzgeschichte sind, oder für beide Arbeiten. Meine Geschichte hat 6.734 Zeichen. Wie viele meine RO 07 hat, weiß ich nicht, zähle ich auch nicht. Das ist die erste Version, die gerade überarbeitet wird. Gemäß Eintrag von HIER.
Titel: Jagd
Laufen, laufen, laufen.
Mit jedem Schritt, den er vorwärts kam, hämmerte sich das Wort in sein Gedächtnis. Wieder und wieder. Er musste schneller sein, nur dieses eine Mal. Sein Puls raste. Dunkler Wald, dicht stehende Bäume, kein Himmel war über ihm zu sehen. Uwe rannte um sein Leben! Sein Atem kam mit jedem Schritt stoßweise, aber er hatte das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen. Die Bedrohung saß ihm direkt im Nacken, jedes Härchen hatte sich dort aufgestellt. Liebend gerne würde er jetzt sein Handy aus der Jacke holen und Hilfe rufen. Verstärkung! Er traute sich nicht, hatte Angst, das Gleichgewicht und den Halt zu verlieren und so die Distanz zum Verfolger zu verringern. Wenn es überhaupt einen Vorsprung für ihn gab. Er musste weiter, wusste, dass er sich nicht ablenken lassen sollte, wenn er davon kommen wollte.
Wie konnte er nur so blöd sein, zu glauben, dass er das alleine schaffen könnte? Als er am Abend die Information von einer seiner Internetquellen erhalten hatte, wo sich der Gesuchte aufhielt, war er sofort losgestürmt. Er hatte keinen Gedanken an Verstärkung verschwendet, noch nicht einmal seiner Partnerin Elisabeth hatte er Bescheid gegeben. Lediglich seine Waffe hatte er überprüft und sein Handy und eine Taschenlampe eingesteckt. Diesmal wollte er der Erste sein, der dann auch die Lorbeeren, sprich die Beförderung, einfahren sollte. An diesem Serienkiller bissen sie sich die Zähne aus. Der mordete in immer größeren Abständen, und die Polizei kam jedes Mal zu spät. Trotz akribischer Ermittlungsarbeit, war vom Mörder keine Spur zu finden. Das ursprüngliche Team von 11 Mann war im Laufe der vergangenen Monate auf zwei Mann zusammengeschrumpft. Nur noch Elisabeth und er waren übrig, die sich um den Serienkiller kümmern sollten. Es gab akutere Fälle, zu denen die anderen Beamten abgezogen wurden. Uwe war es nur Recht. In Elisabeth, die seit kurzer Zeit seine Partnerin war, sah er keine Konkurrenz. Sie war neu in der Abteilung, noch ein Küken. Er verstand sich gut mit ihr, er mochte sie, aber er glaubte nicht, dass sie für ihn eine Gefahr auf seiner Karriereleiter darstellte, die er endlich mit diesem Fall ein Stück nach oben erklimmen wollte.
Mit jedem weiteren Schritt, den er aber durch den Wald rannte, wurde ihm seine Karriere gleichgültiger. Was nutzte es, wenn er hier im Wald erschossen wurde und sterben musste?
Dabei war er dem Killer schon so nah gewesen. Als Uwe sein Auto weiter unten, an einem verdeckten Platz, abgestellt hatte, schlich er sich an die besagte Hütte heran. Er befand sich mitten im Nirgendwo, der Serienkiller hatte sich ein gutes Versteck ausgesucht. Hierhin verirrte sich kein Spaziergänger. Es gab nur die Hütte, den Parkplatz davor und die Straße. Dann kam endlos viel Wald. Durch die beleuchteten Fenster erspähte Uwe eine Person, die an einem Tisch saß. Der Raum schien Küche, Wohn- und Esszimmer in einem zu sein. Ein Fernseher lief, die Person löffelte etwas direkt aus einer Dose, eine Flasche Bier stand daneben. Gerade als Uwe seine Waffe aus dem Holster ziehen wollte und einen Moment nicht zum Fenster hin sah, wurde die Haustür aufgerissen. Aus dem Augenwinkel sah er jemanden dort stehen, mit einem Gewehr in der Hand. Uwe drückte sich an die Hüttenwand, ging langsam rückwärts und rannte dann los, Richtung Wald. Ohne lange nachzudenken, da er meinte, dafür keine Zeit mehr zu haben, das Gewehr der Person an der Tür waren zu bedrohlich. Ob es tatsächlich die Zielperson war, wusste Uwe nicht, da es weder ein Foto noch eine Beschreibung vom Täter gab.
Uwe war gut trainiert, aber für nächtliche Sprints hatte er wenig übrig, schon gar nicht, wenn jemand mit einem Gewehr hinter ihm her war und er sich vor Ort nicht auskannte. Er spürte Schritte hinter sich, ziemlich dicht sogar, hörte aber keine Geräusche, dennoch konnte jeden Moment ein Schuss durch den Wald krachen. Er musste sich verstecken, schnell.
Eine Explosion durchbrach die Stille des nächtlichen Waldes. Uwe stolperte, wedelte mit den Armen, um sich irgendwo abzufangen, fiel der Länge nach hin, direkt mit dem Gesicht in den Morast, der sich auf dem Boden gebildet hatte. Es stank nach Fäulnis, Erde, Moos und anderem Undefinierbaren. Jemand packte ihn am Kragen seiner Jacke und zerrte ihn halb in die Höhe, riss ihn mit sich fort. Sein Schädel brummte, auch in seinem rechten Arm zog sich ein Schmerz nach unten zu seinem Handgelenk. Er biss die Zähne zusammen, ließ sich von der Person mitreißen, hatte keine Chance, etwas anderes zu tun. Er wurde rücklings an einen Baum gedrückt. Ein neuer Schuss erschallte in der Finsternis. Instinktiv hob Uwe den linken Arm vor sein Gesicht, der rechte Arm schmerzte zu sehr, so dass er ihn am Körper angewinkelt ließ. Wo war die Person? Uwe war völlig desorientiert. Die Kopfschmerzen trugen nicht dazu bei, dass er einen klaren Gedanken fassen konnte. Seine Knie zitterten unkontrolliert, er spürte eine warme Flüssigkeit an seinem Hosenbein entlang laufen. Der letzte Schuss war so nah an Uwe dran gewesen, dass er glaube, die Kugeln flogen ihm direkt am Ohr vorbei.
Stille.
Uwe blinzelte, er kam sich vor, als erwachte er aus einem tiefen Schlaf. Jemand hielt seine Hand, es fühlte sich warm und gut an. Über ihm brannte eine Neonröhre, viel zu grell, er schloss die Augen wieder und wollte das gute Gefühl weiter genießen. Wo war er? Sein Kopf dröhnte, Bilder zuckten an ihm vorüber: Dunkelheit, Wald, Gewehr, Bäume…
„Wach‘ auf, Uwe“, hauchte es dicht in sein Ohr. Seine Nackenhaare stellte sich auf. Auf der einen Seite, wohlige Empfindung, wegen der angenehmen Stimme und des Geruchs, der ihm in die Nase strömte, auf der anderen Seite, ein unwohles Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Er öffnete schließlich die Augen und sah in Elisabeths Gesicht.
„Wir haben nicht viel Zeit,“ sagte sie, „die Polizei und die interne Ermittlung sind gleich hier. Wir brauchen eine gemeinsame Version. Okay? Du bist voraus gefahren, ich bin kurz darauf nach gekommen, war noch beschäftigt und habe der Zentrale Bescheid gegeben. Im Wald habe ich euch verschwinden sehen, bin euch gefolgt und habe den Typen erschossen, als er mit dem Gewehr auf dich zielte.“
Uwe wurde noch schwindeliger, als es ihm ohnehin schon war. „Woher wusstest du…?“ setzte er an.
„Ich habe es in Deinem PC gesehen, den Du nicht abgeschaltet hattest. Du bist so eilig aufgebrochen, ohne etwas zu sagen, hattest keine Zeit, den Rechner herunter zu fahren. Ich dachte mir, du könntest vielleicht Hilfe gebrauchen, es war einfach keine Zeit zu verlieren.“ Elisabeth drückte noch einmal seine Hand.
„Ich verschwinde jetzt. Du wirst zwei Tage im Krankenhaus bleiben müssen, zur Beobachtung. Rufe mich an, wenn es dir besser geht.“ Elisabeth ließ seine Hand los und ging zur Tür.
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